Finanzblogaward comdirect
Dies ist ein Artikel zur „Blogparade“ des Finanzblog-Awards 2022 der comdirect. Ich würde mich sehr freuen, wenn du für mich abstimmen würdest, einfach folgenden Link anklicken: https://magazin.comdirect.de/finanzblog-award/finanzblog-award-voting
Inflation und Zinswende – was sollte ich als Privatanleger*in in diesen Zeiten beachten?
Im Juli 2022 sind die Preise der Konsumgüter um + 7,5 % gestiegen. Hauptsächlich waren die Kraftstoffe, Heizöl und Erdgas die Preistreiber. Die Teuerungsrate spürt man besonders bei den Lebensmitteln, beispielsweise Brot, Fleisch, Milchprodukte – gefühlt alles scheint teurer geworden zu sein. Da schaut jeder mit Sorge auf die Preisschilder am Supermarktregal, an der Tankstelle sieht es nicht besser aus. Auch wenn die Preise Anfang August etwas heruntergegangen sind.
Zinspolitik seit 2011
Um die Gegenwart zu verstehen, sollten wir zuerst einen Blick in die Vergangenheit wagen. Seit 2011 strebte die Europäische Zentralbank eine Niedrig – bzw. Nullzinspolitik an. Ihr Ziel war es, verschuldete Staaten die Chance zu geben, die Schulden besser abzubezahlen und Innovationen voranzutreiben. Für den Privatanleger hatte diese Richtung fatale Folgen, denn so wurden die Zinsen auf dem Sparbuch, Festgeld – und Tagesgeldkonto stufenweise gesenkt und sogar Strafzinsen erhoben.
Weitsichtige Anleger informierten sich zunehmend über lukrativere Investitionsmöglichkeiten, abseits des Sparbuchs oder Lebensversicherungen. Sie haben alternativ ihr Vermögen verstärkt in Sachwerte wie Aktien, Immobilien und Edelmetalle angelegt. So haben sie nichts anderes gemacht, als ihre Geldanlagen breiter zu streuen.
Nun war 2021 für Aktionäre erfreulicherweise ein renditeträchtiges Börsenjahr und einige Finanzexperten haben schon infrage gestellt, ob die Kursrally im nächsten Jahr so weiter gehen wird. Ging sie nicht!
Zinswende in der USA
Als während der Corona – Pandemie durch staatliche Subventionen die Lebenshaltungskosten nicht gestiegen sind, kam es später durch Lieferengpässe und das Wegbrechen von Subventionen zu einem gegenteiligen Effekt. Das Angebot verknappte sich bei wieder zunehmenden Kosten für die Produktion. Inflation stellte sich ein. Als Gegenmaßnahme zur Teuerung der Produkte wurde von der FED und nunmehr von der EZB der Leitzins erhöht.
Was ist die Idee?
Die Idee ist, dass die Kreditaufnahme für die Verbraucher teurer wird, und so der Konsum gebremst bzw. durch Zinsanhebung das Sparen attraktiver wird. So soll die Nachfrage insgesamt nach Gütern sinken. Infolgedessen senken – so die Idee – die Produzenten die Preise, um den Absatz anzukurbeln. Folglich soll die Inflation sinken. Zusätzlich muss gesagt werden, dass die Zinsanhebung wichtig ist, um den Euro-Verfall gegenüber anderen Währungen zu reduzieren. Generell peilen die Notenbanken als Ziel eine Inflationsrate von 2 % an.
Schon im Herbst 2021 verzeichnete die USA aufgrund von Lieferengpässen und Teuerung eine Inflationsrate von 7,0 %. Im Januar 2022 entschied sich die amerikanische Notenbank FED deshalb den Leitzins sukzessive zu erhöhen, um der hohen Inflationsrate in den USA entgegenzuwirken. Aber wenn die Zentralbank eine Zinserhöhung beschließt, hat dies auch weitere Konsequenzen für die Wirtschaft. So müssen Unternehmen Kredite mit einem höheren Zinssatz aufnehmen, was deren Wachstum und Renditen für die Investoren reduziert. Infolgedessen werden zum Beispiel Investoren ihr Kapital aus den Aktiengesellschaften abziehen und in stabilere Asset- Klassen umschichten. Diese Entwicklung hat sich auch in den anfangs fallenden Aktienkursen gezeigt.
Auch die EZB entschied sich im Juli 2022, mit der Hoffnung der Inflation entgegenzuwirken, den Leitzins auf 0,5 % zu erhöhen. Ob sich die Erwartungen erfüllen, wird sich zeigen. Tatsache ist, dass nach einem anfänglichem Kursrutsch der Aktienwerte und des DAX diese sich nunmehr Mitte August wieder erholen. Im Supermarktregal zeigt sich auch eine leichte Preissenkung bei einzelnen Waren. Ob es sich hierbei allerdings um realen Rückgang der Inflation mit Auswirkung auf den Warenkorb oder kleine Korrekturen im Preismix handelt, bleibt abzuwarten.
Die Vorteile der Zinswende für Sparer liegen auf der Hand. So berechnen die Bankhäuser heute keine Negativzinsen mehr und es gibt – wenn auch nur marginal- Guthabenzinsen auf Tages- und Festgeldkonten.
Wie reagieren die Aktienmärkte?
Seit Januar rutschten die bedeutenden Indizes wie Dow Jones, S & P 500 und MSCI World in den Keller. Bis Ende Juni verlor der Dow Jones über 18 % von seinem Wert vom 1. Januar 2022. Am 19. Juni wurde der Tiefpunkt erreicht und die o.g. Indizes gewinnen an Fahrt und klettern langsam aber beständig wieder hoch.
Gold als sicherer Hafen?
Gold hatte lange Zeit den Ruf, ein Inflationsschutz zu sein. In den letzten Jahren wurde es dem Status aber nicht mehr gerecht. Lediglich kurzfristig, wenn eine Krise droht, so im März 2022 stieg der Kurs auf seinen Höchststand. Seitdem ist die Nachfrage eingebrochen und der Kurs leicht rückläufig. Zur Stabilisation und Diversifikation des Portfolios kann Gold jedoch gerne beigemischt werden.
Häuslebauer?
Mieteinnahmen von Immobilien gelten allgemein hin als Schutz gegen die Inflation. Unglücklicherweise erhöhen die Bankhäuser zurzeit die Baukredite. Somit ist eine Finanzierung des Eigenheims mit höheren Kosten verbunden als in den letzten Jahren. Zusätzlich machen Materialknappheit und Preisunsicherheit bei den Rohstoffen den Hausbau zu einem schwer zu prognostizierbaren Projekt.
„Eine Aktie, die man nicht 10 Jahre zu halten bereit ist, darf man auch nicht 10 Minuten besitzen.“ (Warren Buffett)
Lösungsstrategie!
Die langfristig planenden Anleger, die monatlich per Sparplan in einen breit gestreuten Indexfonds investieren, haben im Jahr 2022 einen Vorteil. Denn mit den niedrigen Kursen werden mehr Indexanteile bei gleichbleibender Sparrate gekauft. Auf 20 Jahre oder mehr kommt es darauf an, wie viele Anteile vom Index man erworben hat. Daher: Buy and Hold. Der Börsenexperte Kostolany bringt es an dieser Stelle auf den Punkt:
„Wer die Aktien nicht hat, wenn sie fallen, der hat sie auch nicht, wenn sie steigen.“ (André Kostolany)
Psychologie
Schaut man sich das Renditedreieck des Deutschen Aktieninstituts genauer an, stellt man fest, dass eine Haltedauer von über 15 Jahren immer zu einer ordentlichen Rendite geführt hat. Selbst nach Abzug der Inflationsrate hat ein Anleger in diesem Zeitraum Gewinne gemacht. Das stärkt doch die Hoffnung.
Für wen stellt sich die Frage, was ich als Privatanleger*in in diesen Zeiten der Inflation und Zinswende beachten muss?
Meiner Meinung nach geht es um existenzielle Fragen, die sich ein Millionär nicht stellen muss. Hier sind schwerpunktmäßig die angesprochen, die bisher schon Geld sparen konnten, aber jetzt auch mit höheren Gas- und Stromkosten rechnen müssen. Jetzt wäre es unglücklich, das Aktienpaket zu verkaufen, um damit die nächste Gasrechnung bezahlen.
Deshalb mein Tipp: Versuche trotz hoher Verbraucherpreise genug Geld monatlich zurückzulegen, um die Liquidität kurzfristig zu sichern. Mit genug Ersparten auf dem Giro- oder Tagesgeldkonto kann man die hohen Rechnungen entspannter begleichen. Im Internet bieten Verbraucherportale interaktive Rechner an, die die zukünftigen Gaskosten annähernd kalkulieren. Mein persönlicher Spartipp ist das Führen eines Haushaltsbuches, die Ausgaben reduzieren z.B. öfter mal selber kochen, statt auswärts essen zu gehen.
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Toller Artikel und auch lobenswert, dass Du gut verständlich die Zusammenhänge erklärst.